Johanna Weis
Komponistinnen sind weniger bekannt als ihre männlichen Kollegen. Um sie sichtbarer zu machen und um sie zu ehren, hat die Künstlerin ihre Namen – vom Mittelalter bis heute – auf Wikipedia gesucht.
Um 1900 bestand ein beliebtes Gesellschaftsspiel darin, die Unterschriften von Freund*innen oder Berühmtheiten in einem Buch zu sammeln, dessen Seiten gefaltet wurden, noch bevor die Tinte getrocknet war. Von der Seite betrachtet, erschien jede Unterschrift wie ein geheimnisvolles Wesen, das man als ‘Seele’ oder ‘Geist’ der betroffenen Person sah.
Für Komponistinnen lag die Wahl des Notenpapiers auf der Hand. Die Notenzeilen stehen anstatt dass sie liegen, und die mehr als tausend Unterschriften gehen auf und ab mit einem leichten Rascheln, das die Symphonie von Jahrhunderten weiblicher Musik hervorruft.
©Johanna Weis - Photo Dario Gamboni
©Johanna Weis - Photo Dario Gamboni
Biografie
Johanna Weis studierte und arbeitete zuerst in der medizinischen Forschung in der Schweiz, Frankreich und Nicaragua, sowie später als Objektkonservatorin in Frankreich, den USA, den Niederlanden und der Schweiz. Seit 2010 ist sie als Künstlerin tätig, seit 2020 in Berlin.
In ihrer experimentellen Arbeitsweise spielen der Zufall, die Materialien – insbesondere das Papier – und die bilaterale Symmetrie eine bedeutende Rolle.
Ihre Papierschnitte wurden in Gruppenausstellungen gezeigt, für 2023 ist eine Einzelausstellung in L’Atelier Galerie in Berlin geplant. Im Herbst 2021 war sie Artist in Residence bei I Tatti (Harvard University) in Florenz, wo sie großformatige Werke auf Papier und Leinwand realisierte.
Im Frühling 2022 hat sie im Studio Cascina Garbald (Bergell) an einem Künstlerbuch gearbeitet, das 2023 in Paris erscheint.